Wanderschuhe, das müssen feste, robuste, hohe Schuhe sein, die beim Wandern den Knöchel schützen und so verhindern, dass du umknickst, oder nicht? Tatsächlich könnte man denken, dass die Frage nach hohen oder niedrigen Wanderschuhen so einfach zu beantworten ist, ist sie aber nicht.
Es gibt genauso viele Wanderer, die statt robusten Wanderschuhen auf flachen Wanderhalbschuhen, Trailrunning-Schuhen oder sogar Barfußschuhen unterwegs sind.
Schaut man sich im Internet um, dann könnte man wirklich denken, man muss schwere Wanderschuhe tragen. Das ist genau das, was man tut. Man braucht die Robustheit, den Knöchelschutz und den Wasserschutz. Schauen wir uns das Thema doch einfach mal ein wenig genauer an.
Gründe für niedrige Wanderschuhe
Werfen wir doch als erste Mal einen Blick auf die flachen Wanderschuhe und welche Gründe dafür sprechen könnten, sich gegen hohe Schuhe zu entscheiden.
Weniger Gewicht
Desto mehr Gewicht du beim Wandern mit dir rumträgst, desto mehr Energie wirst du verbrauchen. Wenn es um das Gewicht geht, dann denken die meisten daran, den Rucksack leicht zu packen und auf Unnötiges zu verzichten. Wie wichtig das Gewicht an den Füßen ist, wird dabei oft vergessen.
Das Gewicht an den Füßen verbraucht etwa 5 Mal mehr Energie als das Gewicht auf dem Rücken. Nehmen wir mal an, du sparst 1 Kilogramm an den Füßen, dann wäre das genau so, als würdest du zwischen 4 und 6 Kilogramm im Rucksack sparen.
Flexible Sohle
Starre, hart besohlte Stiefel machen es den Füßen schwer aktiv zu sein und lassen sie nicht atmen. Wenn die Füße den ganzen Tag inaktiv und leicht verschwitzt in den Stiefeln stecken, kann das zu einem erhöhten Risiko für Blasen sorgen.
Selbst ein gut eingelaufenes Paar Stiefel kann an einem langen Tag Blasen verursachen, auch wenn es nur sehr selten passiert. Wenn du schon mal versucht hast eine Wanderung trotz Blasen weiterzuführen, dann wirst du wissen, was das für eine Qual ist. Flache und atmungsaktive Schuhe reduzieren das Blasenrisiko.
Weitere Informationen zur Vermeidung von Blasen findest du in meinem Beitrag darüber, wie man Blasen vorbeugen und behandeln kann.
Nicht wasserdicht, na und?
Neben robust, ist eine der wichtigsten Eigenschaften von Wanderschuhen, dass sie wasserdicht sind. Das Problem bei der Sache ist nur, dass wasserdichte Wanderschuhe nicht wirklich wasserdicht sind.
Wasserdichte Stiefel bieten oft nur kurzfristig Schutz vor Regen. Wenn es aber wirklich kräftig regnet, dann läuft das Wasser die Beine oder Hose runter und landet über kurz oder lang in den Schuhen. Selbst in den hochwertigsten, wasserdichten Stiefeln entstehen mit der Zeit winzige Löcher, durch die bei längerem Regen langsam Wasser eindringt.
Gamaschen und Regenhosen können eine Zeitlang dafür sorgen, dass die Füße trocken bleiben, aber wenn es lange und stark genug regnet, dann werden deine Füße über kurz oder lang nass werden.
Ist dieser Punkt erstmal erreicht, dann werden die Schuhe wirklich schwer. Einmal mit Wasser vollgesaugt nehmen die ohnehin schon schweren Wanderschuhe noch kräftig an Gewicht zu und es dauert ewig und drei Tage, bis sie wieder trocken sind.
Wenn du Pech hast, werden deine Füße sogar nass, wenn es gar nicht regnet. Wasserdichte Wanderschuhe haben oft die Eigenart, in beide Richtungen wasserdicht zu sein. Der Schweiß kann nirgendwo hin und die Füße sind den ganzen Tag klamm.
Die Sache mit dem Knöchelschutz
Hohe Wanderstiefel schützen zwar den Knöchel, aber nicht so, wie sich das die meisten vorstellen. Sie schützen die Knöchel vor losem Geröll, vor Ästen und anderen Dingen, die den Knöchel verletzen können. Das wohl wichtigste Argument der hohen Wanderschuhe ist, dass sie den Träger davor schützen umzuknicken und genau das tun sie eben nicht.
Der Schutz vor Umknicken ist ein hervorragendes Verkaufsargument, denn niemand möchte mit einer Knöchelverletzung in der Wildnis festsitzen. Es ist aber nicht mehr als ein guter Werbeslogan.
Die meisten Studien zu diesem Thema zeigen, dass man sich auf die Kräftigung und Dehnung der Knöchel konzentrieren sollte, wenn man Knöchelverletzung vorbeugen will. Wenn du gesund und aktiv bist und keine Probleme mit dem Knöchel hast, brauchst du beim Wandern eigentlich keine zusätzliche Unterstützung für den Knöchel.
Übrigens der häufigste Grund für Verletzungen an den Knöcheln beim Wandern sind Ermüdungen der Füße, Sehnen und Bänder. Mit schweren Stiefeln ermüden die Füße deutlich schneller.
Kaum Einlaufen notwendig
Stiefel sind teuer und brauchen viel Zeit zum Einlaufen, damit sie während der Wanderung komfortabel sitzen und keine Blasen verursachen. Das Einlaufen erfordert viel Zeit, die man sich mit flachen Trailrunning-Schuhen oft sparen kann.
Auch flache Wanderhalbschuhe verfügen oft über eine flexiblere Sohle, die sich an die Bewegungen der Füße anpasst und so in Kombination mit den oft leichten Obermaterialien ohne tagelanges Einlaufen getragen werden können. Wenn man es besonders komfortabel für den Fuß möchte, eignen sich sogar Barfußschuhe zum Wandern.
Gründe für hohe Wanderschuhe
Es geht in diesem Artikel absolut nicht darum, die hohen Wanderschuhe und Wanderstiefel kaputt zu reden, denn es gibt sie nicht ohne Grund und sie haben auch absolut ihre Einsatzgebiete.
So würde ich z.B. immer auf meine hohen und wasserdichten Wanderschuhe setzen, wenn es darum geht abseits des Weges unterwegs zu sein, wenn beim Bushcraften mit scharfen und spitzen Werkzeugen gearbeitet wird, wenn viel Gepäck auf losem Untergrund getragen wird und wenn kleine Bäche übersprungen werden müssen.
Ein anderes Szenario, das auf jeden Fall Wanderstiefel erfordert, sind Wanderungen im Winter, eventuell sogar im Schnee. Die meisten flachen Schuhe halten die Füße bei niedrigen Temperaturen nicht warm und schützen auch nur wenig vor Schnee.
Fazit
Ich sage es gerne nochmal, es geht mit diesem Artikel nicht darum heraus zu finden, was nun besser ist, hohe oder niedrige Wanderschuhe. Viel mehr geht es darum, nicht blind loszufahren und schwere Bergstiefel für Tageswanderung auf weichen Waldwegen zu kaufen.
Nur weil überall behauptet wird, dass Wanderschuhe immer hoch sein müssen, um den Knöchel zu schützen und zu verhindern, dass man umknickt, muss es noch nicht stimmen. Auf einfachen Wanderungen, aber auch auf langen Strecken in einfachem Terrain würde ich immer auf flexible, flache Schuhe setzen. Ob es dann Trailrunner, flache Wanderschuhe oder Barfuß-Wanderschuhe sind, ist erstmal egal.
Geht es hoch hinaus und auf Bergwege mit losem Geröll, Bächen, die übersprungen werden müssen, oder kleinen Kletterpassagen, sind feste Wanderschuhe ziemlich sicher die bessere Wahl.
Quellen: